Christine schube prämiert @the market

Dortmunder U

IN VITRO

Retorte. Kreation künstlicher Wesen. All dies ist ebenso alltäglich wie beängstigend. Hier zeigt es sich anhand eines Abgesangs auf den modernen Mythos des Fernsehstars. Ihre Stilisierung in plakativer Form steht diametral zum Hyperrealismus der Welten, in denen sie sich als fremdbestimmte Marionetten bewegen.

IN VITRO (lateinisch, im Glas)

(…) In der Naturwissenschaft bezieht sich in vitro auf Experimente, die in einer kontrollierten, künstlichen Umgebung außerhalb eines lebenden Organismus durchgeführt werden, zum Beispiel im Reagenzglas .(…) Die künstliche Kreation bleibt von dem Wissenschaftler so lange erhalten, wie das Experiment von Interesse ist. Ohne fremdbestimmten Einfluss, gäbe es keine Retorten. All dies ist ebenso alltäglich wie beängstigend. Die Fremdbestimmtheit und ergo artifizielle Erscheinungen sind uns nicht nur bekannt aus der Biologie, sie begegnen uns auf unterschiedlichen Wegen.

Exemplarisch thematisiert die Serie die Fremdbestimmtheit anhand eines Abgesangs auf den modernen Mythos des Fernsehstars. Heutzutage kommt es zu einer regelrechten Glorifizierung des *Star-Seins ‘.

Typisch für unsere ‘Generation at‘, ist beispielsweise die mediale Ferngesteuertheit, die Kurzlebigkeit und der daraus resultierende Verlust von Wertigkeit. Das Leben in einer Scheinwelt. Im Gegensatz dazu stehen die uns bekannten alten Mythen, dieser Begriff wird derzeit jedoch verklärt. Heute ranken sich Mythen um angebliche Stars. Der stark medien- und zeitabhängige Star wird wiederum in verschiedene Begriffsbildungen differenziert. Da gibt es die Politstars, Rockstars, Kultfiguren, Pornostars, Popstars, Promis usw. . Der Begriff Star verliert mehr und mehr an Bedeutung durch seine tägliche Abnutzung und wird oft auf Personen bezogen, die im eigentlichen Sinne keine Stars sind. Ein Beispiel für dieses Phänomen sind die diversen Telestarfomate. Die jeweiligen Akteure sind lediglich ‚Falling Stars‘, tragische Helden ohne Nachhaltigkeit, deren agieren von Dritten bestimmt wird. Hier entstehen keine Mythen, sondern Retortenstars.

In den Bildern entspringen die Protagonisten folgenden Vorlagen:

  1. Die Castingshow „The next Uri Geller“ auf ProSieben
  2. Die Castingshow „Toddiers & Tiaras“ auf TLC
  3. Die Dokusoap „The Girls of the Playboy Mansion“ auf Viva
  4. Die Castingshow „Popstars“ auf RTL 2
  5. Die Castingshow „Germany’s Next Topmodel“ auf ProSieben
  6. Die Promi-Gameshow „Dschungelcamp“ auf RTL

Die Kandidaten dieser Realityformate sind absolut austauschbar und treten häufig aus dem Nichts in Erscheinung. Ihre Existenzberechtigung gründet sich ausschließlich auf wirtschaftliche Faktoren. Der Fernsehmarkt hat sich somit das Oxymoron des trivialen Menschen, der nicht trivial sein möchte zu Nutze gemacht. So real das Umfeld ist, aus dem die Kandidaten stammen, so künstlich ist ihre Berühmtheit. Dieser Wandel beinhaltet genauso eine Vermischung von Begrifflichkeiten wie Realität und Star, wie er wirtschaftlichste Produktion bei gleichzeitig größtmöglicher Identifikation schafft. Dem Stil der Formate und ihrer Paradoxien entsprechend, bewegt sich die Darstellung werbend wie plakativ in einem hyperrealistischen Raum. Um das Gesicht der jeweiligen Sendungen zu kommentieren, sehen wir persiflierende Inszenierungen, die auch mit Unzulänglichkeiten spielen. Die Akteure wurden Ihrer gewohnten Kulisse entrissen und als Marionetten der Fernsehwelt in ein diametrales Umfeld gesetzt.